Die Stimmung ist neurotisch. ALEX WIEMER ist ein prägnanter, unbedingt beachtenswerter Sänger mit Potential und Selbstbewußtsein, der einen kleinen MacKenzie mit der Muttermilch gefrühstückt zu haben scheint - ohne ihn ersetzen zu können (das geht nicht). Alles Grelle, Schrille geht ihm ab. Everybody's sneaking baby, singt er und klingt leicht nach THOM YORKE und RADIOHEAD, wenn die ihre Abstrakta aus dem Konzertanten entwickeln würden und nicht umgekehrt. Fast vier Jahre haben er und NIKLAS DAVID mit der Produktion zugebracht und schließlich zu treuen Händen an FAUST-Urmitglied H.J. IRMLER weitergegeben, der prompt die Hälfte der Musik veruntreute, die in jeder Hinsicht hoffnungslos überfrachteten Songs freilegte und aus einem erschlagenden Wust von umgesetzten Ideen die Musik herausschälte, die er darin entdeckt haben muß. Melancholische Musik. Sentimentaler Tand, grün angelaufene Briefbündel von Gott weiß wann, Spaziergänge im Regen, starker Tee und starker Tobak, leicht beschlagene Fenster, die auf's Land hinaus weisen: Klischees wie diese springen unvermeidlich an und treffen schließlich doch nur in individueller Gestalt zu. So sind Klischees. Von den ersten trügerischen Tönen an erscheint das Klangbild originär. Die Drums sind hinten, der Baß drückt hart, NIKLAS DAVIDS Keyboards, unkenntlicher oft als einer von DAVID TORNS ausgeweideten Gitarrenleibern, sind allgegenwärtig, sein Orgelspiel ist souverän zwischen vermatschten Kraut-Clustern und BRIAN AUGER. Eine Art abstrakter Feldversuch in texturaler Elegie mit Blechdosen-Snare und kaskadierenden Bassdrum-Impulsen schlägt dem Faß die Krone ins Gesicht, die total überspannte Version des HENDRIX-Gassenhauers 'Hey Joe' (Jesus f**king Christ, where are you gonna go now?) ist einfach der Gipfel. Dann ist man oben und die Platte ist zu Ende. Romantisch ist an AUDIACS Version von Melancholie überhaupt nichts mehr, schwelgen läßt sich trotzdem darin. Discussing the inside world eben - und worin läßt es sich ausführlicher baden, wissen und vergeblich um Tränen kämpfen als im eigenen Inneren!?